Turniermodus in der Champions League: Eine Idee für die Zukunft?
Normalerweise würde der Champions League Sieger 2019/20 seit über drei Monaten feststehen. Doch durch das Corona-Virus und den dadurch entstandenen engen Zeitplan wurde der Sieger allerdings durch ein Blitzturnier ermittelt. Das bedeutet: Ab dem Viertelfinale wurden die Partien innerhalb von zwei Wochen und ohne Rückspiel ausschließlich in Lissabon ausgetragen. Es entschied also ein Spiel über Weiterkommen oder Ausscheiden. Bei Unentschieden nach regulärer Spielzeit ging es mit Verlängerung oder wenn nötig Elfmeterschießen weiter. Kein Wunder, dass viele Zuschauer vor dem Fernseher von der Spannung des Turniers begeistert waren.
Warum wurde dem neuen Champions League Modus so zugejubelt?
Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, prophezeite und schwärmte schon vor dem Neustart der Champions League: „Der Modus wird wie eine Bombe einschlagen. Der größte Thrill für den Fan ist das K.O.-System“.
Zwei Wochen später konnte sich der ehemalige Bayern-Spieler bestätigt fühlen. Und das nicht nur, weil sein Verein den Titel holte und Teil des legendären 8:2 Erfolgs gegen den FC Barcelona war, sondern auch, weil die Spiele trotz fehlender Fans spannend, spektakulär und unberechenbar in ihrem Ausgang waren.
Mannschaften sind ausgeschieden, die eigentlich eine viel höhere individuelle Qualität in ihren Reihen haben und wohl mit einem Rückspiel vor eigener Kulisse den Gegner besiegt hätten.
Auch das Taktieren seitens Trainer und Mannschaft oder das nervige Abwarten bis zur 70.Minute war während des Turniers deutlich geringer als sonst. Das war der Fan schon gar nicht mehr aus der Champions League gewohnt, wo der Klassenunterschied doch in den letzten Jahren immer deutlicher wurde und Spiele teilweise schon im Hinspiel entschieden waren.
Selbst das Fehlen der Zuschauer wurde durch Trommeln, Klatschen und Anfeuerungen von Verantwortlichen und Mitarbeiter versucht zu kaschieren, um wenigstens etwas Stimmung zu kreieren und die Spieler des jeweiligen Vereins zu pushen. Das ist zwar nicht vergleichbar mit der eigentlichen Atmosphäre in solchen Spielen, aber Not macht eben erfinderisch. Vor dem Fernseher hatte man trotzdem eher das Gefühl eine Bezirksliga Partie zu schauen, als die Champions League.
Also: Wird es diesen Champions League Modus auch in Zukunft geben?
Eher nicht, sagen Experten. Ein Beibehalten des aus der Not geborenen Modells ist trotz sehr guter Resonanz unwahrscheinlich.
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin sagte der „AFP“ am Rande des Endspiels in Lissabon: „Dieses Turnier mag interessant sein. Aber ich glaube nicht, dass wir das in Zukunft durchführen können. Dafür ist im Kalender kein Platz.“
Ceferin deutete auf den eng gestrickten Terminkalender der Ligen in Europa hin. Bei normalem Saisonverlauf ist es quasi unmöglich, ein solches K.O.-Turnier noch zusätzlich durchzuführen. Neben wichtigen Spielen um Meisterschaft und Abstieg im Frühjahr findet im Sommer alle zwei Jahre eine Welt- oder Europameisterschaft statt.
Ein weiterer organisatorischer Aspekt, der gegen den Modus spricht, ist die Zusammenkunft der Fans aller qualifizierten Mannschaften. Es würde aufgrund der vielen Vereine in einer Stadt oder Region schwierig und kompliziert werden, rivalisierende Fangruppierungen zu trennen. Auch ist nicht sicher, ob die Hotelkapazitäten den Anforderungen der UEFA entsprechen würden.
Außerdem wäre da noch der große Einfluss der „Big-Player“: Neben den schon fehlenden Einnahmequellen wäre die Gefahr eines frühen Ausscheidens der großen Klubs größer als sonst. Und da die UEFA und FIFA von den Vereinen in England, Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich finanziell extrem abhängig sind, macht es die Sache nicht gerade wahrscheinlicher.
Zu guter Letzt und leider wohl entscheidend würde durch das Fehlen der Rückspiele eine hohe Millionensumme an TV- und Ticketeinnahmen verloren gehen. Ähnlich denkt auch DFL-Präsident Christian Seifert, der bestätigt, „dass es in einem ersten Schritt wahrscheinlich erst mal weniger Geld geben wird, weil es sechs Spiele weniger sind.“ Ausgeschlossen, dass Vereine und Verantwortliche damit einverstanden wären.
Fazit: Der Gedanke an einen dauerhaften Erhalt des K.O-Systems in der Champions League klingt reizvoll. Die Aussicht auf attraktivere Spiele für Fans sind verlockend. Doch der organisatorische Aufwand und die finanziellen Einbußen für alle Beteiligten sind am Ende wohl zu groß.